Gedanken zum Jahreswechsel: Die Geschichte als Kraftquell

Was hat der Mensch für Gewinn von all seiner Mühe, die er hat unter der Sonne? Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt; die Erde aber bleibt immer bestehen. Die Sonne geht auf und geht unter und läuft an ihren Ort, dass sie dort wieder aufgehe. Der Wind geht nach Süden und dreht sich nach Norden und wieder herum an den Ort, wo er anfing. Alle Wasser laufen ins Meer, doch wird das Meer nicht voller; an den Ort, dahin sie fließen, fließen sie immer wieder. Alles Reden ist so voll Mühe, dass niemand damit zu Ende kommt. Das Auge sieht sich niemals satt, und das Ohr hört sich niemals satt. Was geschehen ist, eben das wird hernach sein. Was man getan hat, eben das tut man hernach wieder, und es geschieht nichts Neues unter der Sonne. Geschieht etwas, von dem man sagen könnte: ‚Sieh, das ist neu‘? Es ist längst vorher auch geschehen in den Zeiten, die vor uns gewesen sind.“ (Prediger 1, 3-10)

Diese Sätze aus dem Alten Testament, König Salomo zugeschrieben, gehören zu den faszinierendsten und philosophisch tiefgründigsten Texten, welche die Bibel zu bieten hat. Dass sie wahr sind, wird niemand bestreiten, der im Laufe der momentanen politischen Entwicklung ein Déjà-vu nach dem anderen erlebt, wenn er an die Zeit in Ostdeutschland vor 1989 zurückdenkt. Ungefähr zweieinhalbtausend Jahren früher verfasst, scheinen die biblischen Ausführungen primär Fatalismus verbreiten zu wollen. Ich neige hier zu einer abweichenden Interpretation, denn der Gedanke, dass andere Menschen vor uns ähnliche Herausforderungen zu meistern hatten wie wir heute und sich dabei doch wacker geschlagen haben, müsste uns freilich Mut und Zuversicht vermitteln.

Um so erschütternder schien es mir zu sein, da ich unlängst in einem alternativen Medium eine Art Abschiedsbrief las, worin ein Autor darlegte, warum er Deutschland als verloren erachtet und sich ob dieses Umstandes fürderhin aus der politischen Debatte zurückziehen will. Das sind Signale in die Gesellschaft hinein, die wir uns eigentlich nicht leisten können. Für den Gegner bedeutet derlei einen Sieg und für das patriotisch-vaterländische Milieu wenigstens eine empfindliche Demoralisierung. Gleichwohl ist der Mann keineswegs allein. Immer wieder sprechen mich Leute an und fragen, ob der Kampf denn nicht eigentlich schon längst erledigt sei und zwar zugunsten jener Kräfte, die seit 50 Jahren und länger an der Vernichtung der deutschen Nation und des dazugehörigen Volkes arbeiten.

Solches für möglich zu halten, ist freilich legitim, sollte unter uns aber keine Schule machen. Gefragt, woher ich bis anhin meinen Optimismus nehme, nenne ich als Quelle stets den Blick in die Geschichte. Sie steckt voller Analogien und Vorbilder, denen es unter anderen oder ähnlichen Umständen so ging wie uns heute. Hier liegt ein Kraftquell verborgen, der uns durch die Herausforderungen der Gegenwart tragen kann. Was wäre denn geworden, wenn unsere Vorfahren in früheren Zeiten aufgesteckt, die sprichwörtliche Flinte ins Korn geworfen, sich ihrem Schicksal ergeben hätten? Gerade lese ich eine Biographie des Fürsten Metternich, des Hauptakteurs der Restauration nach dem Wiener Kongress. Es war die Epoche des sogenannten Vormärz, die Zeit des Biedermeier, ein heuer des öfteren wieder auftauchender Begriff. Zensur und polizeistaatliche Willkür bestimmten vielerorts das politische Leben. Auch damals machte sich Fatalismus breit, zogen sich die Menschen in die Nische ihres Privatlebens zurück. Glücklicherweise gab es trotzdem genug Aktivisten, um einen Terminus unserer Tage zu gebrauchen, welche den Weg bereiteten für die Revolution 1848 mit all ihren positiven Folgen für Deutschland und Europa.

Ein weiterer Zeitgenosse dieser Entwicklungen war der französische Publizist, Politiker und Historiker Alexis de Tocqueville (1805 – 1859). In seinen Schriften analysiert er eine Gesellschaft, die unserer heutigen gar nicht so unähnlich gewesen ist. Er beschreibt eine politische Klasse, die nicht bemerkt, was sie tut, weil sie nur verwaltet. Auf der anderen Seite steht die Masse der Bürger, die nicht lernen zusammenzuarbeiten, eben weil sie von der Obrigkeit paternalistisch administriert werden. Ferner gehört zur Lebenswirklichkeit des damaligen Frankreich laut Tocqueville jenes Milieu von Intellektuellen, das, mit einer ihm nicht zugänglichen politischen Praxis auf Kriegsfuß stehend, utopische Luftschlösser baut und einer weltfremden universellen Gleichheit nachträumt. Tocqueville zeigt auf, wie diese Fehlentwicklungen zu apolitischen und anti-religiösen Grundhaltungen führen. Sein Fazit: Wo es den Bürgern abgewöhnt wird, als Teile des gesellschaftlichen Ganzen zusammenzuarbeiten – auch wenn sie von den Institutionen dazu eingeladen werden –, entstehen Ablehnung und oft Hass oder Verachtung.

Wir sehen, die Verhältnisse in Europa während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren von den gegenwärtigen gar nicht so verschieden. Untergegangen ist die Welt auch ehedem keineswegs. Der weise Autor des eingangs zitierten Textes aus dem Alten Testament der Bibel hatte durchaus recht. Und stets brachten die Umstände des jeweiligen Zeitalters zwei Archetypen von Mensch hervor: den unverzagten, zuversichtlichen, unerschütterlichen Kämpfer einerseits sowie den kleinmütigen, sich widerstandslos in sein Schicksal ergebenen Defätisten andererseits. Lassen wir Silvester auch eine Stunde der Selbstvergewisserung sein, zu welcher dieser beiden Gruppen wir gehören wollen. Lassen Sie uns das Jahr 2019 auch mit einem Blick zurück beginnen, mit einem Blick auf all jene, die uns vorangingen, deren gegen alle Widrigkeiten erstrittenen Errungenschaften unser Erbe sind. Von Novalis stammt das dazu passende Zitat: „An die Geschichte verweise ich euch. Forscht in ihrem belehrenden Zusammenhang nach ähnlichen Zeitpunkten und lernt den Zauberstab der Analogie gebrauchen.“ In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr!

 

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3 Kommentare zu „Gedanken zum Jahreswechsel: Die Geschichte als Kraftquell“

  1. Walter Valenschuß

    Die Geschichte der eigenen Familie zeigt mehr als deutlich, daß sogar mehrfache Vertreibungen von Haus und Hof unter Aufgabe von Hab und Gut die Lebensgeister nicht erlahmen ließen . Wir haben deshalb kein Recht zu resignieren. Auch wenn die Übermacht gewaltig ist und Verrat in den eigenen Reihen einen geordneten Widerstand nur noch schwerer machen. Lasst uns 2019 zum neuen Wendejahr machen!

    1. Die Geschichte als Kraftquell zu sshen geht nur, wenn wir darin Gottes Wirken erkennen. Er ist die Kraftquelle.
      Was war Deutschland bevor es diese Nation war? Auch das ist Geschichte. Ich habe als Kind den Bombenhagel auf Stuttgart erlebt. Wir wußten nicht, ob wir uns durch die Trümmer aus dem Keller wieder befreien konnten oder ob wir aus dem brennenden Haus ins Freie gelangen konnten. Nach Ende des Krieges wurden in das notdürftig bewohnbar gemachte Haus meiner , in dem auch meine Mutter mit uns 3 Kindern wohnten, Ausgebommte, Flüchtlinge oder Vertriebene aus dem Osten zwangsweise eingewiesen. Das war nicht einfach, weil wir auch alle Hunger hatten und wenig Kleidung. – Doch Gott hat Deutschalnd zum Wirtschaftswunder verholfen und auch zu Wiedervereinigung. Und das gelang nur, weill er zu richtigen Zeit in den maßgebenden Ländern die richtigen Menschne in die Regierungen gesetzt hat: Busch, Kohl und Gorbatschow. Mit so einem Präsidenten wie in der heutigen USA wäre das sicher nicht möglich gewesen. – Ich bin dankbar, dass Gott mir Deutschalnd als Heimat gegegen hat. ich bin hier geboren, aufgewachsen und erwachsen geworden. – Wenn heute viele Menschen Angst haben, Flüchtlinge und andere Fremde, könnten unseren Bürgern schaden und ihnen zu viel wegnehmen, sollten wir uns auch hier an die von Ihnen als wichtig erkannte Geschichte nicht vergessen. In der früheren Hungersnot sind Deutsche nicht nur in den Osten ausgewandert sondern auch nach Amerika. Heute maßen wir uns an, solche Flüchtlingen als Wirtschaftsflüchtlinge zu bezeichnen. Doch sie werden uns Deutschen mit ihrer Arbeitskraft wieder vieles zurückgeben. Die damaligen Hungersflüchtlinge aus Deutschland haben durch ihren Fleiß, verbunden mit Dankbarkeit, Amerika geholfen, Weltmacht zu werden. Wenn unsere Politiker Gott um Weisheit bitten, können sie klar erkennen, wer Not und Verfolgung nur vortäuscht und uns daurch schaden will, oder tatsächlich auf unserer Hilfe angewiesen ist. In der Bibel können wir schon bei 2. Mose22,20 lesen, dass wir Fremden zu ihrem Recht verhelfen sollen, denn keiner weiß, ob er in seinem Leben auch einmal als Flüchtling oder Fremder in einem anderen Land Hilfe braucht.
      Wichtig ist, mit Gott ständig in Kontakt zu bleiben, dann werden wir die richtigen Entscheidungrn treffen. Desto mehr Verantwortung Politiker haben, desto wichtiger ist es, auf Gottes Hilfe und Fürhrung zu vertrauen. Warum er gerade mich damit beauftrag hat, die Verantwortlichen für unsere Nation zu ermahnen, Gottes Gebote und Weisungen nicht außer Acht zu lassen, weiß nur er. Ich bete für unserer Politiker, dass sie Gottes Hilfe annehmen und nicht selbstherrlich Entschidungen treffen.
      Ich bete auch für Sie! Für das Jahr 2019 wünsche Ich ihnen Gottes Segen und Fürsorge, Gesundheit, Wohlergehen und dass Sie Gottes leises Reden in Ihre Gedanken wahrnehmen. Wenn Sie sich seiner Gegenwrt bewußt sind, wird das gelingen.
      Gott schütze Sie!

  2. Völlig richtig. Meine Familie hat schon einmal, eigentlich zweimal, alles verloren. Aber wir sind immer noch da und werden uns weiter behaupten.

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