Der Kornblumenskandal – eine Polemik

Cyanus segetum aus der Familie der Korbblütler, die wiederum zu den Asternartigen gehören, ist eine hübsche blaue Blume, die in diesen Tagen in einen fürchterlichen Skandal rund um das Gedenken an die antijüdische Reichsprogromnacht am 9. November verwickelt ist. Der Berliner AfD-Abgeordnete Andreas Wild trug sie während einer entsprechenden Veranstaltung am Revers und zog prompt den Zorn des linken Milieus auf sich, aus dem heraus von einer „widerlichen Provokation“ sowie „einem Schlag ins Gesicht der Juden“ die Rede war. Überdies forderte man die AfD zu Konsequenzen im Umgang mit dem streitbaren Politiker auf. Wie die Dinge liegen, ist es freilich nicht unmöglich, dass Wild am Ende auch noch den Rauswurf aus seiner ohnehin hypernervösen Partei zu gewärtigen hat. Denn Cyanus segetum, landläufig auch Kornblume genannt, war im sogenannten Austrofaschistischen Ständestaat des Kanzlers Kurt Schuschnigg ein Erkennungszeichen unter den Anhängern der seit Juni 1934 in Österreich verbotenen NSDAP. Aus diesem Grunde gerät der heuer mit einer Kornblume in Erscheinung tretende Bürger also in den Verdacht der Sympathie für die Nazis.

Es ist wahrscheinlich müßig, darauf hinzuweisen, dass Cyanus segetum überall auf der Welt für alles mögliche steht, nur nicht für den verstohlenen Hinweis auf eine geistige Nähe zum Nationalsozialismus. In Armenien beispielsweise tragen die Menschen eine Kornblume als Zeichen des Gedenkens an die Opfer des von den Türken 1915/16 verübten Völkermordes, dem rund 2 Millionen Armenier zum Opfer fielen. Ich selbst bekam bei einem Besuch in der Kaukasusrepublik vor anderthalb Jahren von einem Dorfbürgermeister eine Anstecknadel in Form einer stilisierten Kornblume geschenkt, die ich fürderhin häufig und mit Stolz getragen habe. Auch als Mecklenburger sollten wir uns gegen die von den Linken inszenierte Verunglimpfung der Kornblume als Nazisymbol allenthalben zur Wehr setzen, gilt sie doch seit den Tagen der Befreiungskriege wider die napoleonische Fremdherrschaft nicht mehr als ordinäres Ackerunkraut, sondern als Emblem der 1810 in Hohenzieritz bei Neustrelitz jung verstorbenen preußischen Königin Luise. Auch während des Vormärz 1848 war die Kornblume als Zeichen der Freiheit häufig anzutreffen und in Estland ist sie noch heute die Nationalblume.

Doch wenn man sich vorderhand auf die absurde Diskussion einlassen wollte, ob alles, worauf die Nationalsozialisten einmal ihre Hand gelegt hatten, zum Ausdruck des Bösen geworden sein muss, dann aber mit aller gebotenen Konsequenz. Konfrontieren wir die geneigte Öffentlichkeit also mit einigen unbequemen Fragen:

– Ist ein Nazi, wer Jägermeister trinkt? Schließlich hieß der Kräuterlikör im Volksmund früher mal „Göringschnaps“, weil der Spirituosengroßhändler Curt Mast mit dem Namen dieser allseits beliebten Kreation seinen Duzfreund, den Reichsjägermeister Hermann Göring, ehren wollte.

– Drückt man seine Sympathie für Adolf Hitler aus, wenn man wie weiland der Gröfaz dem Vegetarismus frönt, fanatischer Nichtraucher und Antialkoholiker ist oder eine besondere Vorliebe für Schäferhunde hat?

– Darf das Volk ruhigen Gewissens am 1. Mai zuhause bleiben, wo doch die Nazis 1933 diesen Termin zum gesetzlichen Feiertag erklärt haben und nicht etwa die demokratischen, ab und zu auch sozialdemokratisch geführten Regierungen der Weimarer Republik?

– Ist es opportun, in diesen schweren Zeiten überhaupt ein Grüner zu sein? Immerhin sind es die Nationalsozialisten gewesen, welche mit dem am 26. Juni 1935 erlassenen Reichsnaturschutzgesetz erstmals in der deutschen Geschichte die amtlichen Belange des Umweltschutzes regelten, Schutzzonen definierten, den Begriff des Landschaftsschutzgebietes einführten sowie den Artenschutz für Pflanzen und nicht jagdbare Tiere festschrieben?

– Sollte man Wolfsburg nicht besser umbenennen, alldieweil jene Stadt den Spitznamen ihres Gründers trägt, wie er sich auch in den Bezeichnungen für diverse Führerhauptquartiere (Wolfsschanze, Wolfsschlucht oder Werwolf) wiederfindet?

Wir könnten diese Polemik noch eine Weile fortsetzen. Es reicht bis hierher jedoch allemal, um die Absurdität solcher Debatten zu verdeutlichen, wie sie nach dem Auftauchen einer Kornblume am Revers eines AfD-Politikers entfacht wurde. Solange im Übrigen solche Verbrecher wie Che Guevara oder Massenmörder wie Mao Zedong und Lenin und deren geistige Väter in der linken Szene unwidersprochen als Ikonen verehrt oder in deutschen Städten vom kommunistischen Regime in China spendierte Karl-Marx-Skulpturen aufgestellt werden, sollte unsereins den Rücken gerade halten und sich seine Cyanus segetum nicht nehmen lassen. Wenn wir stattdessen die Gesslerhüte der politischen Korrektheit weiterhin pflichtschuldig grüßen, werden die rotgrünen Tugendwächter fortfahren, immer mehr davon aufzustellen.

 

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2 Kommentare zu „Der Kornblumenskandal – eine Polemik“

  1. Christopher Lobenstein

    Ach Gott! Unbescholtene Bürger dürfen von irgendwelchen verkrachten Existenzen, die sich “Aktionskünstler” nennen, im Internet als Nazis und Kriminelle denunziert werden, damit sie von ihren Arbeitgebern rausgeworfen werden, aber Herr Poggenburg darf keine Kornblume tragen? Deutschland ist völlig krank. Ein einziges großes Irrenhaus. Diese Linken sind widerliche Heuchler. Jeder anständige Deutsche sollte von heute an mit so einer Blume am Revers herumlaufen. Meine Meinung.

  2. Gedankenlose Schwafelei Herr Lobenstein. Diese blaue Blume am Revers war ein Symbol und Erkennungszeichen für Nazis, und darum ein No go sein sollte, wie auch das Hakenkreuz nicht nur als Sonnenzeichen gesehen werden kann.

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