Mein Parteiausschluss Teil 1 von 2: Jahrmarkt der Heucheleien

Letzte Woche Dienstag kam ich an einem alten Fischerkaten vorbei. Davor ein Zaun und daran eine Kreidetafel. „Lächelbrett“ stand drauf und jeden Tag ein anderer Spruch dazu, welcher zum Nachdenken aber auch zum Schmunzeln einlädt. Ich las nun folgenden Text: „Lieber Gott, lass mich bitte im Lotto gewinnen, damit ich endlich weiß, wie viele Verwandte ich habe.“ In meinem Kopf wurde daraus unwillkürlich: „Lieber Gott, lass sie mich morgen aus der Partei werfen, damit ich weiß, wie viele Freunde ich noch habe.“ Das war selbstredend nicht ernst gemeint.

Sie haben mich tatsächlich aus der AfD geworfen, zumindest in einem ersten Anlauf, aber über die Anzahl meiner Freunde bin ich mir noch immer nicht im Klaren. Freilich waren da viele Weggefährten, die mich aufforderten, jetzt nur nicht aufzugeben, dran zu bleiben, weiter zu kämpfen, vor das Bundesschiedsgericht zu ziehen. Das werde ich tun. Wir haben diesbezüglich noch einige Pfeile im Köcher. Besser unterrichtet bin ich indes über jene, die einmal vorgaben, meine Freunde zu sein. Darunter sind einige Zeitgenossen, die sich jetzt als Moralapostel aufspielen und vor der Öffentlichkeit schon die Backen aufbliesen, noch bevor das Landesschiedsgericht seine Entscheidung überhaupt verkündet hatte. Und wie so oft, gerieren sich besonders gerne solche Leute als Verfechter irgendwelcher Werte, denen es bei näherem Hinsehen an jeder Glaubwürdigkeit mangelt.

Es irritiert, wenn plötzlich Mitmenschen über einem den Stab brechen, die man so ganz anders in Erinnerung hat. Stellen Sie sich vor, Sie hätten sich im vergangenen Frühsommer nach einem guten Abendessen ahnungslos einer Gruppe von Fraktionskollegen angeschlossen und wären plötzlich in einem bekannten Schweriner Bordell gelandet, wo vor allem junge Brasilianerinnen ihre Dienste anbieten. Für mich als homosexuell empfindender Mann war das ein eher ungewohnter Ort, um den versprochenen Absacker zu genießen. Dort hätten Sie dann mitangesehen, wie verheiratete Familienpolitiker und -väter bei Tageslicht sich nun hier im schummerigen Licht eines Puffs ein paar Pillen einwerfen und zweifelhaften Vergnügungen nachgehen. Hätten ferner erlebt, wie einer davon uns anderen lautstark verkündet, dass er „eigentlich keine dreckigen Negerfotzen ficken würde“ und diese Haltung dann später auch nochmal dem entsetzten Taxifahrer dröhnend aufs Brot schmiert, so dass sich ein weiterer Kollege genötigt sieht, diesem zu erzählen, wir wären Teilnehmer einer Fachtagung der Barmenia Versicherung.

Wer um seine eigenen Fehler weiß, der hält sich fürderhin zurück, wenn es um die Fehltritte anderer geht. Das sollte man zumindest annehmen. Aber um Verfehlungen ging es in meinem Fall auch nur vordergründig und somit wäre ich beim Thema, nämlich der Frage nach dem eigentlichen Hintergrund der jüngsten Ereignisse. War das wirklich der mir zugeschriebene Tagtraum davon, die linksextremistischen Gegner der AfD am liebsten aufs Schafott zu schicken? War es mein Beharren darauf, mein Landtagsmandat auch künftig ausüben zu wollen, dann eben außerhalb der Fraktion? Nein, all das waren vorgeschobene Gründe, denn das wirkliche Ansinnen bestand darin, einen unliebsamen Konkurrenten gewisser Leute bei einer zugegebenermaßen günstigen Gelegenheit aus dem Weg zu räumen.

Immerhin hatte ich mich angeschickt, nach dem Weggang von Leif-Erik Holm als Fraktionsvorsitzender für dessen Nachfolge zu kandidieren. Holger Arppe als möglicher neuer Chef der AfD-Landtagsfraktion war bestimmten Kreisen natürlich ein Dorn im Auge. Ich selbst brachte auch die Idee einer Doppelspitze ins Gespräch, was bei einigen Kollegen, auch jenen, die inzwischen die sogenannten “Bürger für Mecklenburg-Vorpommern” bilden, auf nur wenig Gegenliebe stieß. Dann setzte Ende August 2017 diese fürchterliche Rufmordkampagne gegen mich ein und am Ende war der schon erwähnte Nikolaus Kramer neuer Vorsitzender einer geschrumpften Fraktion.

Wäre es anders gewesen, hätte man mich doch von Beginn an in das Krisenmanagement der Fraktion eingebunden, spätestens von dem Moment an, als die linksextreme taz den seinerseits bis heute nicht unumstrittenen damaligen Pressesprecher der AfD im Landtag und gegenwärtigen Büroleiter von Leif-Erik Holm, Henning Hoffgaard, mit den entsprechenden Vorwürfen konfrontierte. Das alles ist nicht geschehen. Im Gegenteil! Statt nach Wegen zu suchen, um sich irgendwie vor mich stellen zu können, wurde durch diverse Protagonisten der Fraktion aktiv nach belastbarem Material gesucht, um mich nach Möglichkeit noch weiter reinzureiten. Die Sache stellt sich mir und anderen folgerichtig so dar, dass der Zirkel um den damaligen Fraktionsvorsitzenden fest entschlossen war, die Gelegenheit zu nutzen, um sich meiner endlich und nachhaltig zu entledigen. Am Ende wurde ich von Hoffgaard, dessen eigentümlich guten Kontakte zur linksextremen taz seinem Chef manche vorteilhafte Erwähnung beschert haben, gedrängt, von meinen Ämtern zurück- und aus der AfD auszutreten, sowie mein Mandat niederzulegen. Man könne mir nicht mehr helfen, wurde mir beschieden. Das jedoch hat man, wie sich inzwischen herausstellte, zu keinem Zeitpunkt versucht. Leif-Erik Holm beschwerte sich sogar telefonisch bei PI-News, also dort Ende März ein positiver Beitrag über mich erschien. Insofern hat er von Angela Merkel ganz trefflich gelernt, nämlich wie man unliebsame Parteifreunde eiskalt mit dem Fallbeil der Intrige entsorgt.

Wer das für übertrieben hält, sollte sich fragen, warum sich keine weiteren mutmaßlichen Teilnehmer dieser ominösen Chatgruppe vor dem Landesschiedsgericht verantworten mussten, zum Beispiel für Äußerungen wie diese: „Und wenn sie die Stadt zerlegen, umso besser, am besten mit der Marienkirche anfangen“ oder „Wir brauchen mal den Mut. Brennende Flüchtlingsheime sind kein Akt der Aggression“. Warum haben jene, die meinen Parteiausschluss begrüßen und darin „ein starkes Zeichen für unsere Werte“ sehen, nicht gegen Alexander Gauland aufbegehrt, als dieser, wie manche kritisieren, das Dritte Reich und somit auch den Holocaust als „Vogelschiss“ bezeichnete? Wäre sein Handeln stringent, hätte Herr Holm hier einschreiten müssen. Als Meister der Beliebigkeit tat er das aber nicht. So bewundere ich doch eher Leute, die Gaulands Einlassung treuherzig verteidigt haben.

Letztlich reden wir in meinem Fall nicht von etwas, das öffentlich vor einem Millionenpublikum ausgesprochen worden ist, sondern, wenn überhaupt, mutmaßlich in einem sehr kleinen privaten Kreis, quasi am virtuellen Küchentisch bei einer Flasche Wein. Was habe ich bei solchen Gelegenheiten schon alles gehört oder gelesen! Die Schiedsgerichte kämen vor Arbeit gar nicht mehr in den Schlaf. Doch was geht es diese oder gar die Presse überhaupt an, was in engster Privatsphäre geredet oder von mir aus auch zusammenphantasiert wird? Sehr viel, wenn es nach Leif-Erik Holm geht, der nach meinem Parteiausschluss verkündete, dass „Gewaltphantasien in der AfD keinen Platz haben“. Das klingt zunächst nach einem typischen Gemeinplatz. Wer aber von Phantasien redet, der meint Gedanken. Können in der AfD künftig also schon böse, mithin die falschen Gedanken, die ja wohl jeder mal hat, zum Parteiausschluss führen?

 

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3 Kommentare zu „Mein Parteiausschluss Teil 1 von 2: Jahrmarkt der Heucheleien“

  1. Hallo Holger
    Da du etwa mein Altersjahrgang bist, erlaube ich mir, dich zu duzen -schmunzl
    Holger, der “Jahrmarkt der Heucheleien” ist bekannt – leider – er zieht sich durch unsere gesamte Menschheitsgeschichte. “Nix neues unter der Sonne”, wusste schon König Salomo zu berichten, der überall als der kluge und weise König dargestellt wird und der in Wahrheit vor lauter Weibern und Gltzentempelbauten am Schluss nicht mehr wusste wo vorne und hinten war …
    Ich find´s schade, dass deine politische Karriere so endete. Ich fand es unglaublich, dass du von einer Schwulenkneipe Zutrittsverbot bekamst – ich bin selbst schwul und mit Erfahrungen von politisch korrekten Denkgeboten “bekannt”
    Leider bist du mit deinen in der Öffentlichkeit verbreiteten Kommentaren auch selbst (mit)verantwortlich. Sie sind eines politisch arbeitenden Menschen unwürdig.. Ich wünsch dir einen neuen Start – und bitte – kontrollier dich!
    Lieber eine Nacht drüber schlafen als impulsiv agieren bzw. reagieren …
    Ich wünsch dir alles, alles Gute – bleib gesund und pass auf dich auf
    LG aus Pforzheim vom
    Thomas

    1. Vielen Dank für die netten Worte. Alles richtig mit einem kleinen Unterschied: Ich habe in der Öffentlichkeit keine unwürdigen Kommentare verbreitet. Und Fehler machen wir nichtsdestotrotz alle mal in der einen oder anderen Form. Mein größter Fehler bislang war jedoch, dass ich den falschen Leuten vertraut habe und mich diesen Leuten gegenüber immer noch fair verhielt, nachdem ich längst erkannt hatte, dass es sich um illoyale Mistkerle handelt.

  2. Holger, da tragen Sie nach den schwerwiegenden Verdächtigungen zu unsittlichen Äußerungen eine schwere Last zur persönlichen Rehabilitation!
    Schade, obwohl Sie doch kluge Gedanken sehr gut formulieren können.
    Und in einem (als pol. Föderation/Bundesstaat)) ungeeinten “EU-Europa der 28 Nationalstaaten”, ist -in Sorge um Deutschland und seine Erregungenschaften-, natürlich auch nationalstaatliches Denken nach wie vor legitim!
    Das wird eigentlich von jedem verantwortungsbewußten Politiker -auch deutschen- im Sinne der “Staatsräson” mit einem notwendigen Minimum an (das Staatvolk) einigenden (integrierenden!) “Patriotismus” verlangt!!
    Die aus berechtigter Sorge um die zersplitterte Nation und ihre sozialen Errungenschaften gegründete Partei “AfD” und die “Pegida”-Bewegung, werden- aus innerer Uneinigkeit und personellen Machtstreben- kaum ihrer wichtigen parlamentarischen Notwendigkeit als kritische und kontrollierende Opposition gerecht.

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