Was geschieht in Kasachstan?

Kein Zweifel. Die Aufstände gegen Hunger und Elend im russischen Zarenreich 1917 waren echt und gingen von den unterdrückten Massen aus. Die Machtergreifung der Bolschewiki aber – von jenen der Weltöffentlichkeit als “Große Sozialistische Oktoberrevolution” verkauft – war ein vom Ausland ins Werk gesetzter Putsch.

Um den lästigen Krieg an der Ostfront beenden zu können, brachte der deutsche Militärgeheimdienst Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, aus seinem schweizerischen Exil in einem verplombten Eisenbahnwaggon nach Sassnitz und von dort mit dem Schiff nach Finnland. In Petrograd sollte er dann die Macht übernehmen und den Krieg mit dem Deutschen Kaiserreich beenden. So kam es auch. Eine der ersten Maßnahmen der kommunistischen Herrscher war der Friedensvertrag von Brest-Litowsk.

Inzwischen hat es viele Umstürze gegeben. In den allermeisten Fällen wurden sie von sozialen und/oder politischen Misständen ausgelöst, manchmal aber auch von ausländischen Mächten aktiv in Gang gebracht, wie beispielsweise im Iran 1953 oder in der Ukraine 2013. Zumindest aber begann der Westen nach Ausbruch der Unruhen fast immer sehr bald damit, den weiteren Verlauf der Ereignisse in seinem Sinne zu beeinflussen.

In der Ukraine ist das zumindest teilweise gelungen, in Armenien gar nicht und in Georgien komplett. Sinnfälliger Ausdruck dieses Erfolgs im letzteren Fall ist die “George W. Bush Avenue” sowie ein neuer riesiger Botschaftskomplex der USA in der “Georgian-American Friendship Avenue” von Tbilisi.

Nun also Kasachstan. Kaum jemand dürfte wohl infrage stellen, dass die aktuellen Geschehnisse in dem zentralasiatischen Land durch immer höhere Energiepreise ausgelöst wurden. Das bestätigen mir per Chat auch Bekannte vor Ort, die überdies in großer Sorge sind.

Ein Blick auf die Landkarte genügt freilich, um derlei Unbehagen zu erklären. Kasachstan liegt im Süden der Russischen Föderation, an deren “weichem Unterbauch”, wie schon die Briten im 19. Jahrhundert jene Region zwischen Kaspischem Meer und Hindukusch apostrophierten.

Mein Geschichtslehrer ermahnte uns gerne, bei der Betrachtung historischer wie aktueller Ereignisse stets zu fragen: Wem nützt das?

Ob der “Aufstand gegen Putins Diktator-Freund”, wie BILD heute titelte, dem kasachischen Volk nützen wird, steht vorderhand noch in den Sternen. Dem Westen und dessen Anführern in Washington jedoch kommen die Unruhen in dem rohstoffreichen Land durchaus gelegen.

Eine Destabilisierung Kasachstans und im Zuge eines Dominoeffekts vielleicht auch der anderen früher zur Sowjetunion gehörigen zentralasiatischen Republiken Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan – bis anhin eine Art Cordon sanitaire in Russlands mittlerem Süden – würde es dem Westen leichter machen, die bereits erwähnte Ukraine endgültig zu übernehmen. Für Moskau wäre das nämlich eine Baustelle zuviel.

Noch diffiziler würde es, käme zum einstweilen politisch-sozialen Charakter der Krise eine religiöse Komponente hinzu. Die genannten Staaten sind nämlich allesamt islamisch geprägt. Gar nicht auszudenken, wenn hier auch noch radikale Muslime auf den Plan träten, ob nun auf eigene Faust oder vom Westen unterstützt, um die Situation in ihrem Sinne auszunutzen. Das hätte katastrophale Folgen, zumal wenn der Funke auf die 16 Millionen in Russland lebenden Muslime übergreifen würde. Bislang hielten die autokratischen Herrscher in Astana, Taschkent, Asgabat und Duschanbe den radikalen Islam mit eiserner Hand in Schach.

Doch selbst wenn dieses Horrorszenario fürderhin nicht eintritt, dürfte der Westen versucht sein, in die weitere Gestaltung der politischen Verhältnisse in Kasachstan einzugreifen. Zu verlockend ist die Aussicht, das riesige Land, in dessen Süden übrigens auch der von Moskau für jährlich 200 Millionen Euro gepachtete Weltraumbahnhof Baikonur liegt, unter die Kontrolle von USA, NATO und EU zu bringen. Die Einkreisung des russischen Bären wäre damit noch umfassender, nämlich vom Baltikum über die Ukraine und den Kaukasus bis zu den Gipfeln von Pamir und Altai.

Ferner ist die strategische Bedeutung Kasachstans auch deswegen kaum zu unterschätzen, weil mit einem Vasallenregime in Astana der Stiefel des Westens im Nacken des Reiches der Mitte säße. Gleich nebenan liegt nämlich die chinesische Unruheprovinz Xinjiang, deren uigurische Bevölkerung dem Glauben Mohammeds anhängt und schon deswegen in Peking allenthalben für schlaflose Nächte sorgt. Uiguren machen auch einen Teil der Bewohner Kasachstans aus, weswegen Unruhen dort nachgerade automatisch China mit betreffen.

Kurzum ist es mit Sicherheit kein Zufall, das in Kasachstan gerade jetzt politische Unruhen ausbrechen, da weiter westlich der Konflikt um die Ukraine einer endgültigen Klärung zustrebt. Den Kasachen selbst kann man nur Besonnenheit und Glück wünschen. Vielleicht hilft ihnen ein Blick auf andere Länder, die von anfänglich so verheißungsvollen Revolutionen heimgesucht wurden, von denen indes nichts geblieben ist als Elend und Instabilität.

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